Zum Tod von Klaus Dörner (1933 bis 2022)
Er ist nicht ganz unschuldig, dass es das Gemeindespsychiatrische Zentrum hier in der Hochallee gibt … und er war Mitbegründer der Hamburgischen Gesellschaft für Soziale Psychiatrie e.V.
“Mein erster Kontakt mit der klinischen und außerklinischen Psychiatrie im Rahmen des Studiums der Sozialarbeit Anfang der 80er Jahre in Bielefeld fand im Landeskrankenhaus Gütersloh statt. Wir begleiteten chronisch kranke Menschen aus der Psychiatrie in den Alltag, dazu gehörte für die Bewohner_innen der Langzeitstationen im LKA der Besuch in einem Waschsalon oder der Gütersloher Kirmes u.a. Natürlich mussten auch Wohnungen gefunden werden. Unterstützt wurde dies von der damaligen Klinikleitung Prof. Dr. Dr. Dörner. Mir ist er dort nie begegnet aber „Irren ist Menschlich“ war unsere Pflichtlektüre. Später als Pensionär ist er mir hier in Hamburg dann als HGSP Mitglied begegnet. Ohne ihn gäbe es das GPZE vielleicht nicht auch wenn es natürlich in den 70er Jahren noch andere Protagonisten_innen hier in Hamburg gab.”
Hamburg im September 2022 Helmut Krüger Geschäftsführer der GPZE gGmbH
Die Hamburgische Gesellschaft für Soziale Psychiatrie schreibt zu seinem Tod:
Seiner Zeit voraus und dabei so altmodisch
Nachruf zum Tod von Klaus Dörner
Für einen Moment innehalten: Klaus Dörner ist am Sonntag, den 25 September 2022 im Alter von 88 Jahren verstorben. Was ihn bewegte, führte zu einer bundesweiten Bewegung in der sozialen Arbeit und stellt ihn an die Spitze einer von Menschlichkeit und Solidarität geprägten sozialen Psychiatrie. Als Mediziner mit Leidenschaften für die Philosophie und Literatur war er ein unermüdlicher Kämpfer für ein humanistisches (Be)Handlungsverständnis. Behandeln im alten medizinischen Verständnis wollte er eigentlich nie. Auch mit schwer psychisch erkrankten Menschen gilt es zu verhandeln; nur so ist Zwang, Fremdbestimmtheit oder sogar Gewalt vermeidbar. Die Verdienste von Klaus Dörner in einem Nachruf zu würdigen, sprengt jeden Rahmen. Als Vordenker eines trialogisch geprägten Handlungsverständnisses, als Impulsgeber für eine Anti-Stigma-Arbeit oder als Kompass für eine psychiatrische Versorgung auf Augenhöhe. Nach seinem beruflichen Ruhestand 1996 blieb er über viele Jahre aktiv, wenn es um die Belange psychisch erkrankter Menschen ging. „Irren ist menschlich“ - Das Standardlehrbuch der Psychiatrie und Psychotherapie, erklärt abseits der ICD-Diagnosen worauf es ankommt ohne dabei zu belehren. Bis ins hohe Alter war Klaus Dörner für uns alle erreichbar, nahbar. Wer seine Festnetznummer nicht kannte, konnte ihm jederzeit eine Postkarte schreiben und war sich einer Antwort sicher.
Sein Lebenswerk hat er selber bestens beschrieben:
„Mit dem Alter kam die Gelassenheit. Ich muss die Psychiatrie nicht mehr als Kampfplatz sehen. In dem Milieu selbst aber konnte ich nur mit dem Widerstand überleben. Es gab so viel zu bekämpfen. Vor allem das Ausmerzen, das Wegsperren, das Institutionalisieren der sogenannten Unheilbaren.“
Im Namen unzählbarer Betroffener, Angehöriger und „Profis“ verneigen wir uns in Zuneigung und Demut vor Klaus Dörner und sein Lebenswerk.
Der Vorstand der HGSP